Ein bisschen Mascara hätte auch nicht geschadet…

Spoiler: Doch. Hätte es.

Ich erinnere mich genau daran: eines meiner ersten Videos über ein Café in Berlin.

Das war 2021.
Wollte kurz schauen, welche Kommentare so kamen.
Und da war er:
Einer dieser Kommentare, die nicht wirklich laut sind , aber ewig nachhallen.
„Ein bisschen Mascara hätte auch nicht geschadet.“

Klang nett. Vielleicht meinte er es wirklich nett.
Aber irgendwie war’s wie so ein kleiner, beiläufiger Hieb.

Einer, der komplett gesessen hat.
Weil er so normal klingt.
Weil wir gelernt haben, dass man sowas eben sagen darf.
Dass Aussehen kommentieren irgendwie dazugehört, wenn man online ist.

Ich hab die Kommentare darunter gelesen:

Community Mäuse, die sagen:

“Das Aussehen kommentieren geht gar nicht.”

und

“Bisschen Manieren hätten auch nicht geschadet.”.


Und das hat mich zwar wieder ein bisschen stabilisiert, aber angeknackst war ich trotzdem.
Und ich dachte:
Das ist genau der Moment, über den ich eigentlich nie spreche, weil so verletzlich macht.
Aber über den wir sprechen sollten.

Ich weiß schon:
Ich zeige mich immer wieder ohne Make-up.
Ich zeige mich, wie ich alltäglich aussehe.

Nach einem 8H Drehtag, nach einer 12H Zugreise.
Ich zeige mich, wie ich eben bin (oder versuche es zumindest).

Und das ist keine Heldinnensache.
Es ist auch kein feministischer Masterplan.
Es ist einfach nur: bemüht echt zu sein.

Denn richtig echt ist auf Social Media sowieso niemand (wahrscheinlich).

Aber echt zu sein, fühlt sich nicht immer richtig an.
Manchmal fühlt es sich einfach nur… zu unsicher an.
Weil du weißt: irgendjemand sagt immer was.
Über deine Stimme.
Deine Lippen.
Deine Haltung.
Dein Gesicht ohne Mascara.

Und ich verstehe es irgendwie: wir alle sind geprägt von einem Ideal, das nie echt war.
Und das trotzdem auf alles raufgeklebt wird, was weiblich ist.
Wir sollen schön sein, aber nicht zu sehr.
Gemacht, aber nicht fake.
Selbstbewusst, aber bitte in angenehm.
Und wehe, du hast keine Wimperntusche drauf, bist ungeschminkt oder sogar in Jogginghose.

Ich kann nicht sagen, dass mir das nichts ausmacht.
Das tut’s (leider immer noch).
Aber ich will sagen: Ich bemühe mich trotzdem weiter.
Trotzdem mit meinen roten Ohren, wenn ich nervös bin.
Trotzdem mit der Stimme, die einigen zu tief erscheint.

Und trotzdem mit oder ohne Mascara - je nachdem wie ich eben Bock habe.

Weil ich darin irgendwie eine Aufgabe sehe, die ich gern übernehme.

Nicht zuletzt, weil es euch gibt, die für mich einspringen.

Wirklich von ganzem Herzen danke dafür!

Und ich glaube:
Ein bisschen mehr Manieren hätten auch nicht geschadet.

Galigrü,

Betel

Weiter
Weiter

Propaganda* I’m not falling for…